VR-Präsident Greater Zurich Area AG, Balz Hösly
Im Rahmen der Interviewserie teilen Persönlichkeiten aus der Schweizer Politik, Wirtschaft, Forschung und Medien ihre Meinungen zu technologischen Entwicklungen, Erwartungen an die Schweizer Verwaltungen und empfehlen ihr Lieblingsbuch. Die Äusserungen und Meinungen in den Interviews sind persönlicher Natur. Im Rahmen der Serie beziehen Exponenten unterschiedlicher Organisationen und Parteien Stellung. Deloitte ist unabhängig, neutral und unterstützt keine politischen Institutionen.
Was schätzen Sie an der Schweiz?
«Schweizer Qualität»: diese helvetischen Tugenden (Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Genauigkeit) sind – international betrachtet – immer noch das grosse «Plus» der Schweiz. Aber aufpassen: Perfektion ist gut – Überperfektion und «Tüpflischiisserei» können zur Belastung werden.
Welchen Bezug haben Sie zum öffentlichen Sektor in der Schweiz?
Ich bin Spezialist für Führung und Organisation von öffentlichen und privaten Unternehmen, welche im Wind der öffentlichen Meinung und der Politik stehen. Dank meinem Background in Politik und Wirtschaft werde ich oft auch als «Brückenbauer» zwischen der Privatwirtschaft und der öffentlichen Hand angefragt.
Wie schätzen Sie die Zusammenarbeit zwischen dem GZA mit dem öffentlichen Sektor ein?
Die GZA hat Vieles getan, um eine Vertrauensbasis und eine gute Zusammenarbeitskultur mit den Verwaltungen und den politischen Verantwortungsträgern unserer Mitgliedskantone und der Stadt Zürich zu schaffen. Diese Anstrengungen, kombiniert mit einer sehr aktiven Kommunikationspolitik, haben Früchte getragen: Die Zusammenarbeit der GZA mit dem öffentlichen Sektor ist heute sehr gut.
Welche Erwartungen haben Sie als Bürgerin/Bürger an die Schweizer Verwaltungen?
Verwaltungen sollten konsequent mit einer bürger- und unternehmensfreundlichen «Ermöglichungs-Mentalität» arbeiten, private Initiativen unterstützen und ihre öffentlichen Aufgaben wohlwollend und zurückhaltend erbringen. Oft dominieren hierzulande aber leider noch eine übertriebene Regulierungs-Kultur und eine Art «Belehrungs-Eifer».
Was würden sie in der Schweiz sofort ändern, wenn sie die Möglichkeit dazu hätten?
Ich würde die Zentren der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung und Innovation unseres Landes, die fünf grössten Städte (Zürich, Basel, Genf, Bern und Lausanne), politisch stärken und ihnen eine zusätzliche «Standesstimme» in Volksinitiativen und einen zusätzlichen Ständeratssitz einräumen. Die progressiven Kräfte des Landes könnten so besser zum Tragen kommen, ohne zu dominieren.
Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen für den öffentlichen Sektor in den nächsten 5 Jahren?
Unsere Wirtschaft und auch die Gesellschaft entwickeln sich zunehmend digital. Politik, Verwaltung und Recht aber denken, organisieren und regulieren stramm analog. Die komplexen öffentlichen Herausforderungen können zudem nur noch mit vernetztem Denken und gescheiten Zusammenarbeitsmodellen zwischen Staat und Privat gelöst werden. Das sektorielle «Gärtchendenken», das viele öffentliche Gremien und Verwaltungen heute noch prägt, genügt diesen Anforderungen nicht mehr, wird zunehmend ineffizienter und deshalb unter Druck kommen.
Welche Technologie fasziniert Sie und welche wird unser Leben in fünf Jahren grundlegend verändern?
Wir stehen bezüglich zentralen gesellschaftlichen Bedürfnissen wie Kommunikation, Mobilität, Datenschutz oder Eigentumsverhältnissen vor einer Zeit des grundlegenden Umbruchs. Sharing Ecomomy und virtuelles Vertrauen sind dabei nur nur zwei wichtige Stichworte. Das grösste Veränderungspotential hat heute vermutlich die Blockchain-Technologie, welche zentrale Koordinationsstellen durch dezentrale Netzwerke ablöst. Geschäftsmodelle, die auf zentralen Kontroll-, Verteil- oder Schaltstellen basieren (also z.B. Banken, Warenhäuser, Versicherungen oder Energieversorger) werden komplett neu aufgestellt werden müssen.
Welche Gefahren sehen Sie in der technologischen Entwicklung?
Technologie kann die menschlichen Beziehungen, die gegenseitige Achtsamkeit, bedrohen. Virtualität soll Menschlichkeit nie ersetzen, sondern darf sie nur unterstützen. Nicht umsonst ist heute die «Purpose»-Diskussion über den Zweck von Unternehmen oder der Arbeit einer der massgebendsten Management-Trends.
Welches Buch empfehlen Sie als „Must Read“?
In Zeiten des Umbruchs sind Führungs-persönlichkeiten gefragt: sie müssen Vertrauen schaffen und sich der wirklich wichtigen menschlichen und gesellschaftlichen Werte bewusst sein. Eines der anregendsten Bücher dazu ist «Der kleine Prinz» von Antoine de Saint-Exupéry.
Mit welcher berühmten Persönlichkeit (am Leben oder nicht) würden Sie gerne Abend essen – und warum?
Winston Churchill – weil er seine eigenen Ängste und Zweifel oft überwinden konnte und mit seiner Standhaftigkeit, seinen visionären Gedanken und seiner Durchsetzungskraft vielen Menschen Mut und Hoffnung machte. Er war eine herausragende Leader-Figur. Dazu war er auch ein Genussmensch und kulinarischen Freuden und einem guten Wein durchaus zugetan.
Weitere Interviewserien:
- Die Müller-Möhl Foundation, Carolina Müller-Möhl
- Generalsekretär UVEK, Toni Eder
- KMU SWISS AG, Armin Baumann
- BDP, Martin Landolt
- FDP. Die Liberalen - Christian Wasserfallen
- Universität St. Gallen - Prof. Dr. Kuno Schedler
- Bundesamt für Umwelt – Marc Chardonnens
- Avenir Suisse – Dr. Peter Grünenfelder
- Staatslabor - Alenka Bonnard
- Economiesuisse - Monika Rühl
- Bundesamt für Verkehr – Peter Füglistaler
- Switzerland Global Enterprise – Daniel Küng
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