Universität St. Gallen - Prof. Dr. Kuno Schedler
Im Rahmen der Interviewserie teilen Persönlichkeiten aus der Schweizer Politik, Wirtschaft, Forschung und Medien ihre Meinungen zu technologischen Entwicklungen, Erwartungen an die Schweizer Verwaltungen und empfehlen ihr Lieblingsbuch. Die Äusserungen und Meinungen in den Interviews sind persönlicher Natur. Im Rahmen der Serie beziehen Exponenten unterschiedlicher Organisationen und Parteien Stellung. Deloitte ist unabhängig, neutral und unterstützt keine politischen Institutionen.
Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen für den öffentlichen Sektor in den nächsten 5 Jahren?
Fünf Jahre sind eine kurze Zeit, in der sich vermutlich noch keine revolutionären Dinge abspielen werden. Aber die Verwaltung kann und muss sich schon jetzt auf Entwicklungen vorbereiten, die später kommen werden:
- Digitalisierung: Smarte Technologien (Internet der Dinge, Big Data Anwendungen usw.) werden auch die Arbeit der Verwaltung massiv verändern. Hier muss „Smart Government“ Lösungen bieten.
- Finanzierung: Die Unternehmensbesteuerung wird neu gedacht werden müssen. Gründe sind der internationale Druck, aber auch mögliche Veränderungen der Organisationen an sich. Dank neuen Sourcing-Modellen via Internet könnte die traditionelle Organisationsform der Unternehmen abnehmen („Uber-Lösungen“ auch in der Produktion), womit die Grundlage für die Besteuerung fragil wird.
- Innovationsfähigkeit und Kreativität: Die öffentliche Verwaltung wird deutlich dynamischer, innovativer und kreativer werden müssen, um mit dem neuen Umfeld mithalten zu können.
- Geschäftsmodell-Denken: Wir werden viele Modelle komplett neu denken müssen, z.B. die Versorgung im Gesundheitswesen, die Fürsorge, vermutlich auch die Bildung. Das geht nur mit neuen Geschäftsmodellen, die über Design Ansätze entwickelt werden
Welche Technologie wird unser Leben in fünf Jahren grundlegend verändern? Und welche Gefahren sehen Sie in der technologischen Entwicklung?
Der Umgang mit und die Verfügbarkeit von Daten ist schon jetzt zentral für uns alle, wird aber noch an Bedeutung zunehmen. Daten sind auch im öffentlichen Sektor eine Währung, mit der wir als Bürger/innen passiv partizipieren. Passiv heisst, wir überlassen unsere Daten dem Staat, damit daraus Erkenntnisse über die Wirkung von politischen Massnahmen abgeleitet werden können. Gefährlich wird das, wenn der Datenschutz sich nicht auf die neuen Möglichkeiten einstellt. Das scheint vor allem auf kantonaler Ebene eine Herausforderung zu sein.
Welche Erwartungen haben Sie als Bürger an die Schweizer Verwaltungen?
Sie sollen unbürokratische, auf meine Bedürfnisse abgestimmte Problemlösungen anbieten. Gleichzeitig sollen sie die Grundpfeiler der demokratischen Ordnung sicherstellen:
- Rechtssicherheit
- Neutralität und Sachlichkeit (Gleichbehandlung)
- Transparenz
- Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit
Was würden Sie in der Schweiz sofort ändern, wenn Sie die Möglichkeit dazu hätten?
Ich würde das Schweizer Grundprinzip des Vertrauens, der Integrität und des „Treu und Glauben“-Ansatzes wieder stärken, gleichzeitig die überbordende (und weitgehend wirkungslose) „Compliance“-Mentalität nach amerikanischem Zuschnitt zurückbinden. Die Welt wird nicht besser, wenn Führungsverantwortung und –entscheidungen durch administrative Regeln ersetzt werden.
Welches Buch empfehlen Sie als „Must Read“?
Das ist eine schwierige Frage für einen Wissenschafter, da es Vieles zu empfehlen gibt. Aktuell wäre sicher Simon Grand: Routines, Strategies and Management, 2016 bei Edward Elgar erschienen. Da sind einige Aha-Effekte für Manager drin, die ich grandios finde.
Mit welcher berühmten Persönlichkeit (am Leben oder nicht) würden Sie gerne Abend essen – und warum?
Mit George Herbert Mead, einem der originellsten Pragmatisten, der die meisten der heute diskutierten Zusammenhänge in Organisationen schon um die letzte Jahrhundertwende thematisiert hat. Es wäre spannend, von ihm zu hören, wie er die aktuellen Diskussionen interpretiert.
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